Startup-Szene soll größer, stärker und weiblicher werden
Die Landesregierung will noch mehr Schwung in die niedersächsische Startup-Szene bringen. Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann und Wissenschaftsstaatssekretärin Dr. Sabine Johannsen haben dazu heute gemeinsam mit dem niedersächsischen Startup-Beirat ihre Startup-Strategie vorgestellt.
Kern der Startup-Strategie ist ein Aktionsplan, der Ziele und Maßnahmen in verschiedenen Handlungsfeldern definiert: „Unternehmerisches Denken und Handeln in der Bildungslandschaft stärken“, „Mehr Gründungen aus der Wissenschaft“, „Potential von Gründerinnen erkennen und heben“, „Startups durch Coaching in der frühen Phase unterstützen“, „Passende Finanzierungsangebote für alle Phasen“, „Niedersachsen als Startup-Standort sichtbar machen“, „Aufbau von Innovation Hubs“, „Startups im ländlichen Raum“, „Startups bei der Internationalisierung unterstützen“, „Schlanke Verfahren – unkomplizierte Förderung und Ausbau etablierter Startup-Strukturen“.
Auf dieser Basis sollen die bestehenden Aktivitäten und Förderinstrumente weiterentwickelt werden. Im Fokus stehen das Finanzierungsumfeld und die Rahmenbedingungen für Gründerinnen und Gründer. Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann: „Wir wollen die Gründungsinfrastruktur stärken, Startup-Gründungen von Frauen fördern und den Zugang zu Wagniskapital verbessern, damit die hier gegründeten Unternehmen in Niedersachsen bleiben. Startups stärken die Innovationskraft der Unternehmen und geben Impulse für die gesamte Wirtschaft. Sie schaffen Wohlstand und künftige Arbeitsplätze und machen Niedersachsen zukunftsfest. Wir wollen Niedersachsen zu einem der attraktivsten Startup-Standorte Deutschlands machen. Unsere Startups sollen ihr volles Potential entfalten können.“
Wissenschaftsstaatssekretärin Dr. Sabine Johannsen: „Wir haben uns als Landesregierung vorgenommen, den Transfer zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft strukturell zu verbessern. Aus wissenschaftlichen Entdeckungen sollen erfolgreiche Innovationen werden, die die Lebensqualität verbessern. Die Corona-Pandemie zeigt uns gerade eindrücklich, wie wichtig es ist, dass Forschungsergebnisse in Wirtschaft und Gesellschaft ankommen. Startups sind dafür ein Erfolg versprechender Weg. Mit unserer Startup-Strategie wollen wir daher noch bessere Bedingungen für Gründerinnen und Gründer aus der Wissenschaft schaffen.“
Viele Ideen des Aktionsplans beruhen auf Empfehlungen des Startup-Beirats unter Vorsitz des Digitalisierungsstaatssekretärs Stefan Muhle. Die Startup-Beiratsmitglieder und Unternehmensgründer Philip Mertes, Jan-Philipp Mai und Matthias Hunecke erklären: „Wir verstehen uns als Impulsgeber aus der (Digital-)Wirtschaft. Wir sehen die großartige Chance, die Startup- und Digitalwirtschaft gemeinsam mit der Landesregierung in und für Niedersachsen nachhaltig und langfristig zu stärken, das vorhandene Potenzial zu heben und Niedersachsen global und weit über die Landesgrenzen hinaus sichtbar zu machen. Der Aktionsplan formuliert die hierfür notwendigen gemeinschaftlichen Anstrengungen von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft.“
Bereits 2017 hat die niedersächsische Landesregierung die Initiative „startup.niedersachsen“ ins Leben gerufen (www.startup.niedersachsen.de). Mit Erfolg. Eine nachhaltige Gründungsinfrastruktur ist entstanden. 380 Startups sind inzwischen in Niedersachsen aktiv, unterstützt von Startup-Zentren und speziellen Förderprogrammen (NSeed, Gründungsstipendium).
Überdurchschnittlich viele Startups sind in den Bereichen Agrarwirtschaft und Ernährung, smarte Produktion und Industrie 4.0 aktiv. Entwickelt werden z.B. neue Navigationssysteme, Roboter für die Mensch-Maschine-Kollaboration, Software, die Satelliten vor Weltraumschrott schützt, Stadtbusse mit Wasserstoffantrieb und innovative Impfstoffkandidaten.
Startup-Strategie – die Handlungsfelder
In dem Strategiepapier werden in elf Handlungsfeldern Ziele und Maßnahmen formuliert, um die Strukturen für Startups in Niedersachsen zu stärken und weiterzuentwickeln. (Die Handlungsfelder der Startup-Strategie sind im Anhang „Aktionsplan Startup-Strategie 2020“ erläutert.)
Hintergrund
Dr. Jan-Philipp Mai widmet sich seit mehr als 15 Jahren umweltfreundlicher Energie. Er hat als Maschinenbauingenieur aus der TU Braunschweig heraus im Jahr 2010 das Technologieunternehmen JPM Silicon gegründet. Heute arbeitet der mehrfach ausgezeichnete Gründer mit seinem Team an einer kostengünstigen Technologie zur Produktion von Silizium für Solarzellen aus nachwachsenden Rohstoffen. Als Hightech-Gründer gibt der Jungunternehmer einen Einblick in den Aufbau, Führung und Finanzierung technologiegetriebener Startups am Standort Niedersachsen.
Philip Mertes ist Initiator, Gründer und Vorstandsmitglied von Startup Göttingen e.V. – einem Netzwerk von Unternehmern für (angehende) Unternehmer der Region Göttingen. Der studierte Jurist, ehemalige Leistungssportler und leidenschaftliche Startup-Unternehmer entdeckte bereits während seiner Schulzeit, im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes im Silicon Valley, digitale Geschäftsmodelle für sich. In den nachfolgenden Jahren durchlebte Philip Mertes als Gründer und Geschäftsführer einer Berliner Crowdfundingplattform, eines Software-Startups sowie mehrerer e-Commerce Shops, die Höhen und Tiefen des Jungunternehmerdaseins. Philip ist Co-Initiator von Startup- und Technologiemeetups von Göttingen über Costa Rica bis ins Silicon Valley und berät neben seiner Gründertätigkeit öffentliche sowie private Institutionen in Innovations- und Digitalstrategien.
Matthias Hunecke ist bereits seit seiner Schulzeit Unternehmer und initiierte oder beteiligte sich seitdem an rund 40 Unternehmen. Seine erste Kapitalgesellschaft verkaufte er im Jahre 2001, nachdem diese einen Umsatz vor mehr als 100 Millionen Euro erreicht hatte. Brille24.de entwickelte er als Geschäftsführer zum absatzstärksten Portal für Korrektionsbrillen in Europa und zu einem der weltweit führenden Online-Optiker. Seit 2006 engagiert er sich am Stiftungslehrstuhl für Entrepreneurship der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, ist Vorstand der Gründerwerkstatt “VentureLab Oldenburg e.V.” sowie Beirat des Gründungs- und Innovationszentrum (GIZ) der Universität. Darüber hinaus unterstützt er die Stiftung “Steps for Children” und gehört dem Kuratorium an.
Startup-Beirat Niedersachsen: Das Gremium besteht aus (Digital-)Unternehmerinnen und Unternehmern, Business Angels, Gründerinnen und Gründern sowie Vertretern der Wissenschaft, die sich für die regionale Startup-Szene engagieren. Vorsitzender ist Digitalisierungsstaatssekretär Stefan Muhle. Aufgabe des Beirates ist es, die Initiativen zur Förderung des Startup-Standortes Niedersachsen fachlich zu begleiten, Impulse zu geben, die landesweite Vernetzung der Gründungs-Szene zu fördern.
Wagniskapital: Als Konjunkturunterstützung wird im Rahmen der Corona-Hilfsmaßnahmen des Landes Niedersachsens ein öffentlich-privater Beteiligungsfonds für die Wachstumsphase von Startups eingerichtet. Beabsichtigt ist dabei am Markt regionale Themenfonds zu etablieren. Die Fonds richteten sich an Startups, die einen Kapitalbedarf im siebenstelligen Bereich haben. Das Gesamtvolumen soll mit insgesamt 100 Mio. EUR ausgestattet werden. Das Land stellt dafür 50 Mio. EUR über den zweiten Nachtragshaushalt bereit, für die Ko-Finanzierung werden insbesondere innovationsstarke Unternehmen in Niedersachsen angesprochen. Zur Akquise von privatem Wagniskapital läuft die Sondierungsphase. Der Fonds ergänzt das Wagniskapital-Programm NSeed, welches Beteiligungen von 150.000 EUR bis 600.000 EUR fördert.
Aktuelle Lage der Startups: Die Corona-Krise sorgt für Unterbrechungen in der Lieferkette, verspätete oder gar entfallene Umsätze sowie Ausfall von Personal. Darüber hinaus kommt es zu Verzögerungen in der Produktentwicklung. Gerade die Entwicklung innovativer Produkte ist jedoch die Kerntätigkeit von Startups. Diese Negativspirale verhindert oder erschwert Anschlussfinanzierungen erheblich. Startups verfehlen ihre Umsatz- und Entwicklungspläne, verbrauchen jedoch weiterhin Kapital und eingeworbene Liquidität. Im März sahen einer Umfrage zufolge 66 Prozent ihre Existenz gefährdet.
Corona-Hilfsprogramm: Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Epidemie auf junge Unternehmen abzufedern, nimmt Niedersachsen explizit die Startups in den Blick. Als Teil der Soforthilfen für die niedersächsische Wirtschaft standen fünf Millionen Euro für die speziellen Bedarfe der Startups bereit.