Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrter Herr Finanzminister,
meine Damen und Herren,
es ist bekanntlich das Los der CDU in dieser Legislaturperiode, erst dann zum Haushalt sprechen zu dürfen, wenn das Wesentliche durch unseren Finanzminister Reinhold Hilbers und auch durch die Fraktionsvorsitzende unseres nahezu gleichgroßen Koalitionspartners bereits gesagt wurde.
Ich möchte mich allerdings nicht lange mit den bloßen Zahlen beschäftigen, die dieser Haushalt gewohnt gründlich präsentiert. Nicht, weil sie nicht wichtig wären, ganz im Gegenteil. Die öffentlichen Mittel sind Geld, welches die Menschen in unserem Land erarbeitet und an den Staat abgeführt haben. Sie haben ein Recht darauf, dass wir sorgsam damit umgehen.
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei unserem Finanzminister Reinhold Hilbers und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Finanzverwaltung bedanken. Sehr oft steht der Finanzminister alleine jenen gegenüber, die berechtigte und gewünschte Ausgaben an ihn herantragen.
Ich möchte mich aber ausdrücklich auch bei den Kolleginnen und Kollegen unseres Haushaltsausschusses bedanken, deren wichtige und häufig kleinteilige Arbeit hier ja nur eher selten zur Sprache kommt. Und hier schließe ich die Vertreter der Opposition ausdrücklich mit ein. Die Arbeit der Mitglieder des Haushaltsausschusses, diesen Haushaltsentwurf auf Herz und Nieren zu prüfen um im nächsten Jahr seine Ausführung zu überwachen, erfüllt unsere Pflicht gegenüber den Menschen, die dieses Geld erarbeitet haben.
Wenn ich mich gleichwohl nicht mit den bloßen Zahlen allein beschäftige, dann deshalb, weil Zahlen allein niemals die Geschichte erzählen können, die sich hinter einem Landeshaushalt verbirgt.
Eine Geschichte, die so noch nie erzählt wurde!
Es ist die Geschichte von einer in unserem Land beispiellosen Gesundheits- und Gesellschaftskrise, in der CDU und SPD den Wert jedes einzelnen Menschen über den Wert der Wirtschaft gestellt haben, weil es ohne Menschen keine Wirtschaft und erst recht keine Zukunft gibt, für die es sich zu streiten lohnt.
Es ist die Geschichte von einer in unserem Land beispiellosen Wirtschaftskrise, in der CDU und SPD den unzähligen kleinen und mittelständischen Betrieben überall im Land unter die Arme gegriffen haben und das aufgrund der laufenden Hilfsprogramme mit enormen Haushaltsmitteln bedarfsgerecht weiter tun.
Es ist die Geschichte großer Herausforderungen und eines entschlossenen und zuversichtlichen Umgangs damit. Ich finde, wir dürfen dankbar sein für das große Vertrauen, welches die Menschen in die Regierungen und Verwaltungen in unserem Land haben. Dieses Vertrauen ist ein hohes Gut, denn es versetzt die Bundes- und die Landesregierung überhaupt erst in die Lage, beherzt und wirkungsvoll einschneidende Maßnahmen zu ergreifen.
Ein Blick in die Welt zeigt, dass in der Krise jene scheitern, denen es an Vertrauen in der Bevölkerung fehlt. Und das gilt in gleichem Maße für totalitäre Unterdrückungssysteme wie für gewählte Populisten.
Die Berichterstattung über die Themen unserer Zeit ist schnelllebig. Viel zu sehr geraten inzwischen die Berichte über Demonstrationen in den Vordergrund von Menschen, deren Meinung offensichtlich auf Verschwörungen, Unwahrheiten, Hass und Vorurteilen beruhen. Diese Menschen fordern für sich Meinungsfreiheit ein. Das Problem dieser Menschen ist aber nicht, dass ihre Meinung bahnbrechender Unsinn ist. Ein echtes Problem wird daraus aber erst, wenn sich diese Leute aufgrund dieser Meinung so verhalten, dass sie sich und andere gefährden.
Die CDU werden Sie an der Seite dieser Leute nicht finden. Die CDU finden Sie an der Seite der Menschen, die sich um ihre Angehörigen kümmern, die sich um ihre Unternehmen und dessen Mitarbeiter sorgen, die Kranken und Bedürftigen helfen und sie pflegen, die in diesen Zeiten das Ehrenamt hochhalten und die für Ordnung und Fürsorge in diesem Land sorgen.
Und deshalb komme ich noch einmal auf den Parteitag der AfD zu sprechen.
Ihr Parteitag hat uns zwei Dinge gezeigt: Erstens steuert die Mehrheit der Mitglieder, die auf ihrem Parteitag waren, offensichtlich auf einen rechtsextremen Kurs zu. Deshalb haben sie einen extrem rechten Parteivorsitzenden gewählt.
Und zweitens zeigen die Bilder, dass Sie gegen Hygienekonzepte und Gesetze verstoßen, sich und andere gefährden und damit keinesfalls die Partei für Rechtsstaat, Ordnung und Fürsorge sein können.
Betrachtet man diesen Landeshaushalt in einem großen Zusammenhang mit den Nachträgen der letzten Monate, erzählt er aber auch die Geschichte weiterhin bestehender großer Risiken und Unwägbarkeiten.
Eine Geschichte von Hoffnungen auf die Konjunktur, die sich nicht nur zum Wohl der Steuereinnahmen, sondern vor allem zum Wohl der Menschen schnell erholen möge. Eine Geschichte von richtungsweisenden Entscheidungen über unsere politischen Schwerpunkte in den nächsten 10, wenn nicht gar 20 Jahren.
Hinter uns liegen zwei Nachtragshaushalte, die notwendig waren, um den medizinischen Folgen der Pandemie zu begegnen und ihrer Ausbreitung Einhalt zu gebieten.
In weit größerem Maße waren die Nachträge aber auch unabdingbar, um eine Vielzahl bedrohter Arbeitsplätze in kleinen und mittleren Unternehmen zu retten. Der Umfang dieser Nachträge und die absehbaren Zusatzbelastungen der nächsten Jahre führen das Land an die Grenzen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit.
Die eigentliche Herausforderung im Zusammenhang mit der historischen Neuverschuldung liegt aber nicht in der Kreditaufnahme selbst.
Denn während es zugegeben einfach war und ist, Schulden aufzunehmen, um Sonderprogramme für die betroffenen Branchen aufzulegen, besteht die eigentliche Herausforderung darin, die Mittel richtig einzusetzen und auch in Zukunft die richtigen Prioritäten zu setzen.
Das Geld, welches wir zusätzlich aufgewandt haben und weiter aufwenden werden, um die Gesundheit und die Existenz unserer Bürgerinnen und Bürger zu schützen, ist für diesen Zweck von unserer Generation aufgenommen worden. Wir fühlen uns verpflichtet, dass es mindestens ganz überwiegend von unserer Generation zurückgezahlt werden muss.
Weder die erheblichen sozialen Verwerfungen, die wir im Zusammenhang mit Corona erlebt haben, noch die Forderungen nach zusätzlichen staatlichen Ausgaben für den Klimaschutz dürfen eine Rechtfertigung dafür sein, dass wir die Verantwortung für solide Finanzen und politische Handlungsfähigkeit schlicht an die nächste Generation weiterreichen.
Solide Haushaltspolitik zahlt sich aus. Das hat sie auch im Zusammenhang mit der Corona-Krise bereits getan. Wir in Niedersachsen haben – anders als andere Bundesländer – bereits vor der Pandemie die haushaltspolitischen Weichen so gestellt, dass Handlungsspielräume überhaupt erst entstehen konnten.
Der soliden Finanzpolitik der letzten Jahre, die maßgeblich auf das Betreiben der CDU-Landtagsfraktion und unseres Finanzministers Reinhold Hilbers zurückzuführen ist, ist es zu verdanken, dass wir uns von einem relativ niedrigen Niveau aus zusätzlich verschulden konnten.
Die Schuldenbremse, die manche politische Kraft im Lande für Teufelswerk hält, wird mittel- und langfristig der Grund dafür sein, dass politische Handlungsspielräume weiter bewahrt und neu eröffnet werden.
Gerade für eine solche Ausnahmesituation, wie wir Sie jetzt erleben, haben wir auf ihre verfassungsrechtliche Verankerung der Schuldenbremse gedrungen. Sie hat sich in der Corona-Krise bewährt: Denn in absoluten Ausnahmesituationen wie der jetzigen erlaubt sie uns die notwendige Schuldenaufnahme. Gleichzeitig zwingt sie uns zu einer Ausgabenpolitik, die sich auf das Notwendige und das Wirkungsvollste konzentriert.
Sie verhindert Exzesse, Ausgabenwut und Gießkanne – und sie nötigt uns ab, klare Prioritäten zu setzen.
Die Landesregierung wird mit dem Haushalt 2021 ebenso wie mit den beiden Nachträgen dieses Jahres ermächtigt und nicht verpflichtet, finanzielle Mittel in Milliardenhöhe auszugeben.
Sie wird diese Mittel vernünftigerweise dort einsetzen, wo sie den besten Effekt bei der Erhaltung von Wirtschaftsstrukturen, Arbeitsplätzen und unternehmerischen Existenzen versprechen. Die schnelle, breit gestreute Hilfe war eine wichtige, richtige und angemessene erste Reaktion auf den Ausbruch und die möglicherweise rasche Ausbreitung der Pandemie.
Jetzt verlangt es unsere Verantwortung allen Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes gegenüber, dass wir genauer hinschauen und prüfen, welche Unternehmer unverschuldet durch die Pandemie in Not geraten sind, und welche sich auch ohne die Krise in einer finanziellen Schieflage befunden und die nächsten Jahre wirtschaftlich nicht überlebt hätten.
Priorisierung ist auch deshalb wichtig, weil wir uns nicht darauf verlassen dürfen, dass die Konjunktur über alle Branchen hinweg schnell wieder anziehen und auf das Vorkrisenniveau zurückkehren wird.
Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat in der vergangenen Woche zwar erklärt, dass die Steuereinnahmen im Jahr 2020 für die Länder nicht so dramatisch einbrechen werden, wie noch im Mai erwartet.
Er hat aber auch sehr deutlich gemacht, dass die konjunkturelle Erholung nicht den erhofften Verlauf nehmen, sondern deutlich mehr Zeit erfordern wird. Über den gesamten Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung bis 2024 werden nach einer ersten Einschätzung des Finanzministeriums zusätzliche Mindereinnahmen von 700 Millionen Euro zu verkraften sein.
Und deshalb ist es erforderlich, dass wir weiterhin intensiv in einen Wirtschaftsaufschwung investieren.
Die solide Haushaltspolitik der vergangenen Jahre hat die Spielräume, die wir bei diesen Entscheidungen haben, ermöglicht und vergrößert. Wir werden bei den Investitionen in die Zukunft nicht mit der Gießkanne durch das Land ziehen, aber wir werden auch nicht mit dem Rasenmäher über jeden einzelnen Haushaltsposten fahren.
Politische Priorisierung erschöpft sich nämlich nicht im Aufstellen von Wunschlisten. Bei ihr geht es nicht nur darum festzulegen, was neu hinzukommt. Es geht heute mehr denn je darum, sich jede einzelne Ausgabe genau anzuschauen und zu entscheiden, ob sie noch nötig und sinnvoll ist – oder eben nicht.
In der Vergangenheit war es – wohlgemerkt: für uns alle – viel zu leicht, solche Entscheidungen nicht zu treffen.
Und so haben wir durch die Corona-Pandemie womöglich die Chance, die gewünschte und bereits begonnene Aufgabenkritik mit größerem Elan und noch größerem Ernst fortzusetzen. Die CDU ist dazu bereit.
Globale Minderausgaben, die alle Häuser unterschiedslos betreffen, verleiten dazu, allen Projekten des Landes denselben Sparkurs aufzudrücken. Das mag schnell angewiesen und beschlossen sein, mit politischem Gestaltungswillen hat so ein Vorgehen jedoch nichts zu tun.
Lassen Sie uns in den kommenden Haushaltsberatungen in die Tiefen des Haushaltes eintauchen und nach Projekten, Programmen und Ausgabeposten suchen, von denen wir alle seit Jahren nichts mehr gehört haben, die aber bis heute Kosten produzieren.
Lassen wir die guten Projekte weiterlaufen, hinter denen sich der Landtag erneut gerne versammelt. Lassen Sie uns auch verantwortungsvoll gemeinsam entscheiden, was nicht – oder nicht mehr – erforderlich ist.
Gemeinsam, meine Damen und Herren, sage ich insbesondere deshalb, weil auch der Opposition in dieser Frage eine besondere Verantwortung zu Teil wird.
Bisher beschränken Sie sich zu sehr darauf, auf Ihre Beteiligungsrechte zu pochen. Was Sie allerdings mit diesen Rechten anfangen wollen, hat sich uns noch nicht erschlossen. Substantielle Vorschläge zur richtigen Prioritätensetzung jedenfalls haben wir bisher nicht vernommen.
Die Vorschläge von CDU und SPD liegen auf dem Tisch und sind ausfinanziert. Wir sind gespannt, ob Sie im weiteren Verlauf der Haushaltsberatungen substanzielle Vorschläge vorlegen.
– Es gilt das gesprochene Wort –